Maßstab und Vorbild




Moderator: HF110c

Maßstab und Vorbild

Beitragvon MP3105 » Do 20. Aug 2015, 22:24

Hallo an alle.
In einem anderen Forum habe ich eine Diskussion um die Einhaltung von Maßstäben und dem Vorbild gerechten Anlagenbau angefangen.
Darum möchte ich jetzt die Gelegenheit ergreifen, das hier auch zu machen.
Die genauen Wortlaute mit der die Diskussion anfing lauteten folgendermaßen:

Von mir kann ich sagen dass es mir durchaus wichtig ist eine Vorbild gerechte Modellbahnanlage aufzubauen.
Ich möchte die Gleise nicht nur zum fahren nutzen. Meine Anlage soll durchaus dem Maßstab entsprechend real wirken.
Aber mit dem Maßstab ist das so eine Sache.
Die Hersteller versuchen immer wieder ein Mittelmaß zwischen zwei Maßstäben zu finden, um die Kosten für Produktion möglichst gering zu halten und die Produktpalette möglichst gering zu halten.
So fährt da dann beispielsweise ein ICE mit dem Maßstab 1:100 über die Anlage.
Bei den Herstellern von Modellbahnzubehör wie Häuser, Brücken etc. ist es noch extremer.

Wo allerdings sich viele Modellbahner schwer tun ist der Einsatz von Gleisen.
Dem Vorbild entsprechend, wäre ein Gleisbau von verschiedenen Gleisen. Hier mal ein Gleis mit Holzschwellen, dann da ein Gleisabschnitt mit Betonschwellen. Bei den Weichen ist es da identisch.

Den meisten ergeht es dann aber wahrscheinlich eher wie mir. Die Anlage sieht einfach schöner aus wenn alles einheitlich ist.

Aber wie jeder seine Anlage aufbaut sei auch jedem selbst überlassen.
Wichtig für das Modellbahnhobby ist nicht unbedingt eine Vorbild gerechte Anlage.
Sondern um es mit den Worten von einem Bekannten zu sagen:
"Hauptsache man hat Spaß an seinem Hobby.
Und den sollte man sich auch von Niemanden nehmen lassen, nur weil er anderer Meinung ist".

Für mich persönlich am wichtigsten ist die Einhaltung des Maßstabs.
Wobei einem die Einhaltung sehr schwer fällt, da man sich sehr viele Information der Originalgrößen aneignen muss.
Das nächste Problem ist der Einsatz der verwendeten Baumaterialien, der durchaus eine Einhaltung des Maßstabs verfälscht.
Bei vielen Tipps zum Eigenbau tue ich mich auch immer schwer. Ich stelle mir dann immer die Frage: Ist das auch Maßstabsgetreu.
Wobei ich nicht sagen möchte dass diese Tipps schlecht sind.
Für uns Modellbahner sind diese Tipps durchaus hilfreich.
Und wahrscheinlich hat jeder mal das Problem dass man nicht genau weiß wie man ein gewissen Eigenbau angehen soll.
Da sind dann diese Tipps wie Sie zahlreich im Internet kursieren sehr hilfreich.

Mich würde gerne mal interessieren wie Ihr so über dieses Thema denkt?
Schöne Grüße
Michael
MP3105
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von Anzeige » Do 20. Aug 2015, 22:24

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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon Atlanta » Fr 21. Aug 2015, 00:34

Moin Michael,

für die Baugröße H0 gilt der Maßstab 1:87 und das Verhältnis 3,5 mm für 1 Scale foot (altes britisches und US Amerikanisches Maß des Imperialistischen Maßsystems).

1' Fuß = 30,48 cm = 304,8 mm

304,8 mm : 87 = 3,503 mm gerundet = 3,5 mm entspricht 1 Scale foot.

Zur Berechnung irgend welcher Größen, erst einmal alle Längen in mm umwandeln und dann die Maßstabszahl anwenden:

Will man vom Modellmaßstab einen Vergleichswert des Originals erhalten wird multipliziert (Länge in mm x 87 = ?).

Will man vom Original in den Modellmaßstab umrechen wird subtrahiert (Länge in mm : 87 = ?).

Der nächst größere Baugröße ist 00 im Maßstab 1:76, somit ist 1 Scale foot = 4 mm.

Der für die Baugröße H0 gebräuchliche Verkleinerungsmaßstab ist 1:100, somit ist 1 Scale foot = 3 mm.

Einige als H0 Modelle verkaufte Modellbahnartikel werden im Maßstab gerne vergrößert, wenn sie der Modellbahnindustrie als zu "klein" im Originalmaßstab erscheinen oder verkleinert, wenn sie zu "groß" erscheinen.

Vor Zwischenmaßstäben wie z.B. 1:80 oder 1:93,5 ist man aber keineswegs sicher.

In der Maßstabstrickserei ist man in der Modellbahnindustrie sehr kreativ.

Besonders krass wirkt sich das bei Gebäuden aus, da werden manchmal auch verschiedene Maßstäbe angewendet oder es werden die Modelle zwar im Maßstab gebaut, jedoch trotzdem in der Höhe, Breite oder Länge verändert, z.B. bei den Geschoßhöhen der einzelnen Stockwerke.
Das Höhenmaß bei Türmen jeglicher Art ist meistens nicht maßstabsgerecht, sondern irgendeiner Verkleinerung unterzogen.

Das Ziel ist aber eigentlich Modelle möglichst Maßstabsgetreu selber einsetzen zu wollen, leider geht das aber nicht immer und man muß improvisieren.

Ebenfalls krass sind die Figurengrößen, die variieren zwischen 18 mm und 24 mm in der Größe, bei stehenden Figuren nicht so sehr das Problem, bei sitzenden Figuren wird es problematischer.

Bei den Inneneinrichtungen von Reisezugwagen oder Waggons kann es vorkommen, daß der Fußboden dicker ist und die oft mitgestalteten Sitzbänke dann niedriger sind. Um aber Reisende in Waggons zu setzen, müssen denen dann die Beine gekürzt und Füße amputiert werden.

Bei nachträglich eingefügter Inneneinrichtung eventuell auch die Beine der Sitzbänke einkürzen.

Persönlich mag ich es sehr gerne möglichst "treu" im Maßstab, sofern machbar, manchmal muß aber dennoch improvisiert werden.

:fig55:
Schönen Gruß,
Ingo
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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon MP3105 » Fr 21. Aug 2015, 23:57

Was Ingo natürlich sagen wollte ist:
Wenn man ein bestimmtes Maß aus dem Original in das Maß der gewünschten Baugröße umrechnen möchte muss man das Originalmaß mit dem Umrechnungsfaktor (bei H0 87) dividieren und nicht subtrahieren.
Dabei ist es allerdings egal ob man in m oder auch mm oder cm, nm, dm oder auch km rechnet.
Man könnte sogar in Fuß oder auch in Meilen rechnen.
Was einem allerdings bewusst sein sollte. Rechnet man z. B. in km, bekommt man als Endergebnis auch km raus.
Frei nach dem Motto, was vorne rein geht kommt hinten auch raus.
So würde man für eine Straßenlaterne, die in Original eine Höhe von 3,2m hat in H0 (1:87) nach folgender Formel rechnen:

1:87 = xm:3,2m
Nach Formelumstellung nach x lautet die Formel dann:

xm = (1*3,2m):87 = 0,067m = 6,7cm

Natürlich darf man die Umrechnung von m in cm oder mm auch schon vorher machen.

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Argument mit der Perspektive des Betrachters habe ich so natürlich nicht bedacht.
Aber ich halte es für ein recht gutes Argument.
Leider kann ich nicht aus Erfahrung sprechen, da ich noch nicht lange in diesem Hobby bin und sich meine Anlage zur Zeit noch in der Planungsphase befindet.
Aber das gibt mir auf jeden Fall Grund genug meine Meinung über die Einhaltung des Maßstabs zu ändern.
Allerdings hört es sich für mich schwer an ein Bauprojekt im Modellbaumaß herzustellen, das aus der Betrachtungsweise wie ein Original wirken soll.
Aber wahrscheinlich macht das die Erfahrung.
Schöne Grüße
Michael
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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon usstation » So 23. Aug 2015, 20:26

:serVus: Sind wir doch mal realistisch: hab ihr schon mal jemanden gesehen der mit einen Zollstock = Gliedermaßstab vor einer Anlage stand und alles nachgemessen hat? Natürlich gibt es die Leute die angeblich mit dem blosen Auge sehen können das es entweder zu klein oder zu groß ist, Aber mich stellt sich immer die frage: gefällt es mir?
:fKa:
Herzliche Grüße

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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon MP3105 » So 23. Aug 2015, 23:39

usstation hat geschrieben::serVus: Sind wir doch mal realistisch: hab ihr schon mal jemanden gesehen der mit einen Zollstock = Gliedermaßstab vor einer Anlage stand und alles nachgemessen hat? Natürlich gibt es die Leute die angeblich mit dem blosen Auge sehen können das es entweder zu klein oder zu groß ist, Aber mich stellt sich immer die frage: gefällt es mir?
:fKa:


Gefällt mir dies?
Genau da liegt bei mir wohl das Problem.
Ich bin LEIDER sehr selbstkritisch. Möchte alles perfekt machen.
Das führt bei einem nicht zufriedenem Ergebnis zu Frustration.
Zu viel davon führen zu einem: Ist mir jetzt auch egal, wenn ich noch mal zu einem Ergebnis kommen will muss ich zusehen.
Wenn ich dann wieder zu Verstand komme denke ich mein Ergebnis ist nicht gut.
So ein Teufelskreis.
Irgendwann kann es passieren, dass der Teufelskreis von mir beendet wird indem ich das Projekt an den Nagel hänge.
Wollen wir mal hoffen dass meine Willensstärke größer ist.
Schöne Grüße
Michael
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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon Atlanta » Mo 24. Aug 2015, 06:14

Moin Michael,

das, was du beschreibst, kann natürlich paßieren, geht mir aber manchmal auch so, anderen Kollegen bestimmt auch?

Wir habe oder hatten bereits alle mal die eine oder andere kreative Schaffenspause, wo Projekte ruhen und man mal etwas Abstand daon bekommen muß oder will.

Was soll man dazu sagen?

Ich arbeite an zwei Projekten, meinem US H0 Projekt, was derzeit etwas ruht und mein Afrika Projekt, mit beidem bin ich ganz gut ausgefüllt.

Genug Freude und Elan auch, beim wohl eher knappen Budget nicht ganz soviel, daß man dann in kleineren Schritten zum Ziel kommt. :mx54:
Schönen Gruß,
Ingo
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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon MP3105 » Do 27. Aug 2015, 22:28

Das ist schon ein kleines Laster mit dem Zwang alles perfekt machen zu wollen.
Es scheint es geht uns Modellbahnern allen so.
Woher der Drang nach Perfektion kommt weiß ich aber auch nicht.
Aber eines ist sicher.
Durch diesen Arbeitseifer und den Drang nach Perfektion würde es nicht so viele schöne Modellbahnanlagen geben.
Schöne Grüße
Michael
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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon Micha7fkb » Do 15. Okt 2015, 19:08

jüja hat geschrieben:Bei mir steht auch der stimmige Eindruck im Vordergrund und nicht die Maßstäblichkeit. Zudem kommt bei uns Schmalspurern noch das (optische) Problem hinzu, dass die Fahrzeuge eh alle schon etwas kleiner sind. Da kann es dann schon mal vorkommen, dass wir auf Ausstellungen - meistens auf Grund der Spurweite 9mm - zu hören bekommen: "Das ist doch Spur N."
Bild

Stell doch einfach mal ein Harzkamel in H0e auf die Gleise (ok, ob die auch auf 750 mm im Original fahren würde? K.A.....) und häng dann da mal deine Personenwagen dran.... und dann noch ein Foto in Farbe von einem Zug der HSB mit Harzkamel und P-Wagen - mal so als Größenvergleich, die Leute werden Augen machen (zuindestens die, die noch nie im Harz waren) :lwgsmiley:

Gruß
Micha
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Re: Maßstab und Vorbild

Beitragvon Atlanta » Do 15. Okt 2015, 21:15

Moin Michael,

da gibt es aber auch ein Beispiel wo aus einer erfolgreichen Schmalspurlok. Die Lokomotivwerke von Baldwin in den USA im Jahr 1927 drei Regelspurloks bauten indem das Kleinprofil um Faktor 3 vergrößert wurde.
Eine Maschine wurde nach Rußland ausgeliefert, eine nach Süd Amerika und eine verblieb irgendwo in den USA, die Aufzeichnungen welche Bahngesellschaft die Articulated Schlepptenderlok in der Regelspurversion erwarb, ging leider verloren. Die Achsfolge war: 2-6-6-2 Articulated.
Schönen Gruß,
Ingo
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