Telegraphen- oder Telefonleitung, was ist der Unterschied?




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Telegraphen- oder Telefonleitung, was ist der Unterschied?

Beitragvon Atlanta » Mo 11. Aug 2014, 00:09

Telegrafen- oder Telefonleitung, was ist der Unterschied?

Liebe Forenkollegen,

vielfach werden die Freileitungsmasten entlang von Bahnstrecken als Telegrafenleitungen bezeichnet, das ist nur bedingt richtig und trifft auf die frühen Eisenbahnepochen durchaus zu. Speziell in Deutschland und Europa wurden aber die Telegrafenleitungen recht zügig durch Telefonleitungen ersetzt.

Hierzu müssen wir etwas in diese Materie einsteigen und die beiden Systeme beleuchten.

Der Telegraf

Eisenbahngeschichtlich waren in den Anfängen der Zugleitbetriebes Telegrafenleitungen gespannt worden, Nachrichten Mittels Morsekode zu übermitteln.

Vorsicht, der Morsekode, so wie wir ihn heutzutage kennen, der wurde erst durch den itaienischen Physiker Marconi erfunden, als er die drahtlose Telegrafie entwickelte.

Der alte Morsekode wie ihn Samuel F. Morse im Jahr 1836 entwickelte bestand nur aus den Zahlen 0 bis 9 sowie einigen speziellen Zeichen zum Nachrichten Anfang und Ende, als Trennungszeichen und das Irrungszeichen.

Das Wort Telegraf beinhaltet zwei verschiedene Wörter, einmal den Graph (Graf), ein Aufzeichnungsgerät und das Tele welches für Fernübermittlung steht.

Von Samuel F. Morse wurde ab dem Jahr 1836 nur der Klopfer (Sounder) und die Sendetaste (Key) entwickelt. Ein Klopfer ist ein Elektromagnet der einen Anker auf einen Schallkörper schlägt, so daß ein Klickgeräusch entsteht.

Bild
Burnell Klopfer gebaut am 7. Mai 1895

Vergleichbare Geräte wurden auch von WESCO, AT&T und SIEMENS gebaut.

Mit dem Klopfer konnten geübte Telegrafisten bis zu 120 bpm = Baud per Minute (Zeichen pro Minute) empfangen. Um aber lange und kurze Zeichen unterscheiden zu können wurde eine andere Gebetechnik angewendet und zwar immer mit einem Abschlußklick, somit wurde das negative Gebeverfahren angewendet weil beim Klopfer nur die Pausen zwischen den Klicks unterschieden werden konnten.

Mit der Gebertaste wird bem Drücken der Taste ein Stromkreis geschlossen, was den Elektromagneten des Klopfers anregt und dieser den Anker auf den Schallkörper schlägt. Dem Klopfer ist es egal ob die Taste lang oder kurz gedrückt wird, das Ergebnis ist immer nur ein kurzer Klick, denn nachdem der Klopfermagnet anspricht wird sofort der Anker zum Schallkörper bewegt und der Stromkreis unterbrochen um zum Einen die Magnetspule nicht zu schädigen und zum Anderen den Anker sofort wieder per Zugfeder in die Ausgangslage zurückzuversetzen.

Das positive Gebeverfahren, also das unterschiedlich lange Drücken der Sendetaste bewirkt beim Klopfer keinen hörbaren Unterschied. Nur durch das Geben eines Abschlußklicks können die Pausen zwischen den Klicks voneinander unterschieden und die gegebenen Zeichen auch erkannt werden.
Es Bedarf etwas Übung dieses negative Gebeverfahren zu erlernen.

Beim Telegrafen, dem Schreibgerät gibt es mehrere unterschiedliche Ausführungen. gebräuchlich waren die Geräte in denen ein Federwerk aufgezogen wurde und bei der Stationskennung erst das Schreibgerät eingeschaltet wurde und zwar manuell durch den Telegrafisten, für den die Nachricht bestimmt war. Modernere Geräte vornehmlich in Europa schalteten sich selbsttätig ein, sobald eine Nachricht gesendet wurde und schrieben die Nachricht komplett mit.

Einige Geräte bewegten den Schreibstift seitlich Hin und Her, so daß eine lange Linie mit seitlichen Feldern in Wellenform sichtbar waren, das war bei Geräten ohne Relaisstationen zur Signalverstärkung sehr vorteilhaft und die Nachrichten konnten auch bei sehr schwachem Empfang der Signale sicher aufgezeichnet werden (Überseebetrieb mit Seekabel). Andere Geräte verwendeten ein Schreibrad welches Auf und Ab bewegt wurde und somit die Signale als kurze oder Lange Striche aufzeichnete. Beim Senden der Telegrapfennachrichten setzte sich das positive Gebeverfahren durch, weil beim Negativverfahren das kurze Abschlußzeichen für Verwirrung sorgte.

In Europa hat sich bei der Eisenbahn aber das Nadeltelegrafenverfahren recht früzeitig durchgesetzt. Beim Nadeltelegrafen brauchte der Bediener und Empfänger kenen Morsekode zu erlernen und konnte zehn Nadeln entsprechen einige Buchstaben auf seinem Schaubild einstellen, die auch so beim Empfanger angezeigt wurden, Nachteile dieses Systems sind, daß nur 20 von 26 Buchstaben des Alphabets dargestellt werden konnten. Satzzeichen waren nicht möglich dargestellt zu werden. Die Sendestation machte sich mit dem Weckruf ausgelöst durch einen Kurbelinduktor bemerkbar. Der Empfänger mußte die Nachricht erst einmal entschlüsseln nachdem er sie manuell mitgeschrieben hatte. Auf den Masten mußten bis zu 12 Leitungen gespannt werden. Das Übermitteln der Nachrichten dauerte verhältnismäßig lange und Nachrichten konnten nicht automatisch aufgezechet werden. Die deutschen Länderbahnverwaltungen und später auch die Deutsche Reichsbahn verwendeten Telegrafen und Klopfer bis zur Einführung des Telexbetriebes im Jahr 1936. In den Eisenbahndirektionen, wurden alle Nachrichten zentral aufgezeichnet, um im Schadensfall bei Unfällen leichter Ermittlungsarbeiten aufnehmen zu können.

Das Telegrafennetz mit Telegraf und Klopfer kam mit zwei Leitungen am Mast aus, zum Abhören unterwegs mußten immer beide Leitungen angezapft werden.

In den Stationen wurde mt eine Betriebsspannung von 4 V DC gearbeitet, die Fernleitung hingegen mit 60 V DC. In jeder Station, welche auch gleichzeitig als Relais arbeitete wurden die Signale mit einem Übertrager entsprechend auf die jeweilige Betriebsspannung übertragen und die Signale verstärkt. Der Telegrafist hatte de Aufgabe zudem für die Ladung der Batterien zu sorgen und war dafür verantwortlich, daß der Telegrafenbetrieb zu jeder Zeit möglich war.
Alle Stationen waren in Reihe geschaltet, an Hand der Statonskennung schaltete sich der Telegrafist hinzu oder trennte die Leitung auf.
Im Falle einer Leitungsunterbrechung, konnten nicht mehr antwortende Stationen leicht ausfindig gemacht werden und die Störungsstelle leicht lokalisiert werden. Ausbesserungsmaterialien hatte jede Bahnstation vorrätig.

bericht wird später noch weiter fortgesetzt... :bueRo:
Schönen Gruß,
Ingo
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Re: Telegraphen- oder Telefonleitung, was ist der Unterschie

Beitragvon Atlanta » Fr 15. Aug 2014, 01:55

Liebe Forenkollegen,

wie versprochen hier die Fortsetzung zu meinem Bericht.

Das Telefon

Das Telefon oder der Fernsprecher ist ein Apperat zur Übertragung von Gesprächen über weite Entfernungen. es gibt mehre unterschiedliche Ausführungen, die hier grob beschrieben werden um dann auf den von der Eisenbahn verwendeten Fernsprecher zu kommen. Dafür müssen wir aber etwas über die technische Funktionsweise wissen.

Das kabelgebundene Telefon hat im wesentlichen einige Merkmale, die seit seiner Erfindung vor über hundert Jahren immer noch gleich sind und erforderlich sind damit diese Geräte betrieben werden können, mittlerweile haben sch aber das Aussehen und die verbauten Teile zwar geändert das hat aber keinen wesentlichen Einfluß auf die Grundfunktionen.

Begriffserklärungen:
Handapperat: auch Hörer mit Sprechmuschel genannt, ist der Telefonhörer. Es kann aber auch eine modernere Art des Telefons sein.

Hakenumschalter: auch Gabel genannt, ein Schalter mit dem das gespräch unterbrochen wird wenn der Hörer daraufgelegt wird oder ein Gespräch entgegengenommen wird wenn der Hörer abgehoben wird.

Schnur: als Schnur werden Telefonkabel bezeichnet die aus dem Telefon kommen oder dort hineinführen, es sind mehradrge Leitungen mit einer Abschirmung aus Metallgeflecht.

Mikrofonkapsel: Die Mikrofonkapsel ist der Teil des Telefons, in das gesprochen wird.

Sprechmuschel: Im Hörer der Teil in dem sich die Mikrofonkapsel befindet.

Lautsprecherkapsel: Kleiner Lautsprecher aus dem Gespräche gehört werden können.

Hörmuschel: Der Teil des Telefonhörers, indem sich der Lautsprecher befindet.

Wecker: Klingel oder Glocke, Ruftongeber

Wählscheibe/Tastenfeld: Bedienelement zur selbstständigen Anwählung des Endteilnehmers, via Selbstvermittlung.

a/b Leitung: Anschlußklemmen für die beiden notwendigen Anschlußleitungen zum Telefonnetz.

OB: Ortsbatterie
ZB: Zentralbatterie
ZOB: Zentrale Ortsbatterie

Vermittlung: Telefontechnische Einrichtung zur Verteilung von Gesprächen auf verschiedene Endteilnehmer.
OB - 05: Vermittlungsapperat mit Ortsbatterie für 5 gleichzeitig vermittelbare Gepräche, die Teilnehmerzal muß in der Bezeichnung aber mit angegeben sein.

Schauzeichen: kleine Lampe oder ein kleines Gerät welches die sichtbare Farbe ändert um zu sinalisieren, daß eine Leitung belegt ist.

Kurbelinduktor: Kleiner Generator zur Erzeugung einer Rufspannung damit der Wecker beim Empfänger klingelt.

Die einfachste Art eines Telefons ist ein Feldfernsprecher, wie er auch vom Militär genutzt wird, Feldtelefon oder "Ackerschnacker" sind geläufige Bezeichnungen. Es ist ein OB-Gerät, also mit Ortsbatterie. Mit dem Kurbelinduktor wird eine Spannung erzeugt, so daß beim Empfanger der Wecker klingelt. Ein Feldtelefon ist ein Gerät der Zweidrahttechnik. Es werden nur die a und b Leitung gebraucht um das Telefon mit einem anderen Telefon oder der Vermittlung zu verbinden. Man kann auch die Erde als Rückleiter nutzen so braucht man nur ein einziges Kabel zu verlegen die andere Leitung wird am Erdungsstab angeschlossen der in deas Erdreich gesteckt wird.
Lassen wir aber zunächst die Erde als Rückleiter außer Beachtung.

ZB Geräte sind Telefone, bei denen keine ortsbatterie im Apperat vorhanden ist, hierbei wird das Telefon zentral über die Rufleitung mit Spannung versorgt.
Analoge Telefone der Deutschen Telekom arbeiten nach diesem Prinzip.

ZOB Geräte sind Geräte mit einer zentral aufgestellten Ortsbatterie, das hat den Vorteil, daß man weit entfernte Geräte nicht einzeln aufsuchen muß, um dessen Batterie zu wechseln. Die Batterie befindet sich meistens bei der Vermittlungsstelle. Bei diesen Geräten werden aber drei bzw. vier Leitungen benötigt, zwei sind die a/b Leitungen und die weiteren zur Spannungsversorgung, bei nur drei Leitungen wird die Erde als Rückleiter verwendet für die Gesprächsverbindung genutzt.

Streckentelefone der Eisenbahn sind ZOB Geräte in der 6 Drahttechnik.
Zwei Leitungen sind für die Gesprächsübermittlung a/b Leitungen, zwei weitere für die Spannungsversorgung durch die zentrale Ortsbatterie und zwei wetere Leitungen für die Spannungsübertragung des Rufstromes welcher mit dem kurbelinduktor erzeugt wird, denn anders als bei allen vorher beschiebenen Apperaten, soll bei der Betätigung des Kurbelinduktors nicht nur ein Wecker des Endteilnehmers oder der Vermittlungsstelle ertönen, sondern alle an diesem lokalen Bereich angeschlossenen Telefone. Die Telefone und Wecker waren bei der Bahn im Stationsbereich an einer Leitung parallel angeschlossen. Im Telefonkasten oder Telefonhäuschen befand sich eine tafel mit Klingelzeichenfolgen um verschiedene betriebstechnische Einrichtungen zu erreichen. Der Teilnehmer mußte also nur entsprechend der Tafel mehrmals in unterschiedlicher Länge oder in kurzen Abständen den Kurbelinduktor betätigen um den gewünschten Endteilnehmer zu erreichen. Derjenige Endteilnehmer für den das Gepräch bestimmt war nahm auch dann das Gespräch entgegen. So sparte man sich in kleineren Bahnhöfen oder an Nebenbahnen Vermittlungsstellen.

Streckentelefone und das BASA Netz der Bahn sind verschiedene voneinander getrennte Telefonnetze für unterschiedliche Aufgaben.

Zu Zeiten, wo Telefongespräche der Post, später Telekom noch nach Einheiten abgerechnet wurden, konnte man mit Hilfe des BASA Netzes der Bahn, Ferngespräche Landesweit zum Ortstarif zu Stande bringen das wurde zwar nicht gern geduldet aber häufig gemacht.

Wählte man sich über eine Handvermittlung in einer größeren Stadt ein, bekam man ohne großartige Nachfragen eine BASA Leitung vermittelt und konnte dann via BASA Selbstwähldienst bis in die betreffende Stadt wählen, dort die Handvermittlung anweisen eine Ortsnummer zu wählen um einen Kollegenb zu erreichen, der nicht zum Denst erschienen ist. :lwgsmiley:

Die Telefonmasten entlang von Eisenbahnstrecken tragen verschiedene Leitungen, nicht alles sind Telefonleitungen, überwiegend sind es Leitungen der Blockapperatur, des Telegrapfendienstes, später Telex = Fernschreibers, BASA Leitungen und ggfs. örtliche Telefonleitungen des eigenen Stationsbereiches bzw. Streckenabschnitts für die Streckentelefone. Die Stromversorgung zur Beleuchtung von entfernt stehenden Stellwerken oder Stationsbauten, wurde vom örtlichen Stromversorger über seperat verlegte Leitungen vorgenommen.

Bei Stadtbahnen werden aber Stationen und Stellwerke meistens seperat und getrennt vom örtlichen Stromnetz mit Spannung versorgt, hier kann es vorkommen daß die Spannungsversorgung aus der Fahrleitung/Stromschiene "abgezapft" wird. Die Hamburger Hochbahn versorgt ihre Stellwerke und Statitionsbeleuchtungen mit der Spannung aus der Stromschiene.

Moderne Weichenheizungen werden mit der vor Ort verlegten Fahrspannung versorgt, jedoch heruntertransformiert auf einen ungefährlicheren Spannungswert.
Schönen Gruß,
Ingo
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