Re: Wie habt Ihr mal angefangen
von HF110c » Mi 6. Nov 2013, 04:12
Hallo,
bei mir fing alles 1971 im zarten Alter von fünf Jahren mit einer Lego Eisenbahn an. Angeregt durch die Lage der elterlichen Wohnung in Hannover an der Hauptstrecke Richtung Westen und einem direkten Blick aus meinem Zimmer darauf war die Infizierung mit dem Eisenbahnbazillus nicht möglich. Fuhren doch Dampfloks, BR601 und reichlich andere höchst interessante Fahrzeuge unmittelbar an meinem Fenster vorbei. Mein Opa kaufte mir dann erste Schienen und ein paar Schienenräder von Lego. Das reichte mir zumindest für die ersten drei Jahre bis ich meine erste elektrische Eisenbahn bekam. 1974 fand ich unter dem Weihnachtsbaum dann ein Startset von Arnold. Nun, mein Zimmer war klein, also musste es auch eine kleine Baugröße sein. Innerhalb von nur zwei Jahren stieg ich mit Minitrix-Gleis auf ein Toporama um. Endlich eine richtige Modellbahnplatte!!! Die Weichen habe ich fast autodidaktisch selbst mit den Schaltern und dem Trafp verbunden. Ok, nicht unbedingt nach VDE, aber es funktionierte. Bei Nichtbetrieb landete die Anlage dann auf dem Kleiderschrank. So irgendwann mit 16 wurden Mädchen so langsam interessant und die Einsätze der Modellbahn fanden immer größere Pausen. Schließlich finden Mädchen einen Jungen, der mit der Moba spielt, ziemlich uncool. Schräg war ich für das weibliche Geschlecht zu der Zeit ohnehin, weil ich recht merkwürdige Musik hörte. Das Weibvolk zappelte nach Italo-Disco, NDW und Depeche Mode, während ich mit Flat-Top, bunten Band T-Shirts, Holzfällerhemd, Domestos-Jeans und Springerstiefeln zu einer Mischung aus Rockabilly und Punk Pogo favorisierte. Das nannte sich Psychobilly. Die Mädels kamen erst später auf den Trichter, dass sowas cool sein könnte.
In der Zwischenzeit war ich regelmäßiger Besucher des Modelleisenbahnarbeitskreises, der vom Kulturamt der Stadt subventioniert wurde. Dort wurde reichlich palavert und auch gebaut. Die dortige Anlage war zwar nicht wirklich toll, aber bei den Ausstellungen übernahm ich regelmäßig den Betrieb, weil alle anderen lieber ihren eigenen Kram vorführten. 1986 lernte ich dort zwei H0e-Leute kennen. Bei diesem Aufeinandertreffen wurde meine gerade erst patinierte Fleischmann Piccolo V100 in Augenschein genommen. Es war mein Erstlingswerk und die beiden H0e-Menschen fanden es faszinierend, dass da ein N-Bahner seine Fahrzeuge dreckig machte. In H0 kannte man das ja schon, aber bei N-Bahnern war sowas ja fast ein Sakrileg zu dieser Zeit. Durch diesen Kontakt beschäftigte ich mich aber auch eingehend mit der Baugröße H0e. Was soll ich sagen, der Umstieg ging heimlich, still und leise vonstatten. Erst kamen ein paar Wagen, dann wurde ein G.E.M. Gehäusebausatz beschafft, der auf einem Arnold Fahrwerk basierte, welches sich in meiner Sammlung befand. Ok, das fuhr alles noch ziemlich Egger-Bahn-mäßig, aber die Lok kannte wegen des größeren Gewichts kaum noch Kontaktschwierigkeiten. Als ich 1990 mit meiner Frau zusammenkam war ich jedenfalls noch mehr N- als H0e-Bahner. Wir waren gerade mal eine Woche zusammen als sie meine ferrophilen Neigungen mitbekam. Mit einem leicht verächtlichen Blick streifte sie meine damalige N-Anlage. Einziger Kommentar von mir: "Meine Moba war vorher da und wird es auch nach dir sein. Entweder du akzeptierst mein Hobby oder wir fangen erst gar nicht richtig miteinander an." Jetzt sind wir seit über 23 Jahren zusammen, aber nicht verheiratet.
Am 1.1.1991 kam dann der absolute Befreiungsschlag: Nach einer absolut verheerenden Sylvesterparty verkaufte ich frühmorgens um 15.00 Uhr meinen Spur N Kram zu einem recht fairen Preis. Ein paar Loks behielt ich aber, weil ich sie als brauchbare Fahrwerke für Eigenkreationen in H0e benötigte. Der Umstieg war vollbracht. Ohne die Altlasten aus Kindertagen lebte es sich plötzlich viel befreiter. Kommentar meiner Frau: "Jetzt ist das olle Spielzeug endlich aus dem Haus!" Meine Entgegnung: "Joa, jetzt ist endlich Platz für das Spielzeug für Erwachsene!" Es kamen eine V51, ein Ameisenbär, zwei V22 und ein paar Wagen von Bemo hinzu. Bei einem Versuchsaufbau - von einer Anlage möchte ich nicht sprechen - offenbahrten alle getesteten H0e-Weichen gravierende Schwächen. Das frustrierte! Vielleicht sollte man ja doch mal mit H0 experimentieren? Der große Tag dafür war Heiligabend 1991. Durch einen netten Menschen kam ich unverschämt günstig an eine nagelneue BR55 von Weinert heran. Noch ein paar Meter Roco Line ohne Bettung dazu und mit dem Fremo-Analoghandregler konnte man schon ein bisschen auf dem Werktisch herumgurken, was ich dann am 25.12. abends auch tat. Von meinem Schwiegervater bekam ich zu Weihnachten einen Tonkrug mit einem 24 Jahre alten irischen Whisky. Ein Gläschen davon eingeschenkt und das selbst gemachte Geschenk dabei genossen. Drei Stunden fuhr ich völlig fasziniert von der lautlos ruckfrei kriechenden Lok zwei Meter vor und dann wieder zwei Meter zurück. Das war Fahren!!! Der Spur N Kram war dagegen absoluter Krückenscheiß!!! Meine Frau kam zwischendurch in die Werkstatt, sah meinem Treiben kurz und betroffen zu. Nie hatte sie jemanden gesehen, der sich an einem vermeintlichen Spielzeug so dermaßen erfreuen kann. Sie fragte mich dann, was das Modell gekostet hätte. Als sie den Preis hörte, fiel sie fast vom Glauben ab. Für so ein Weinert Fertigmodell kaufen sich andere einen Gebrauchtwagen mit zwei Jahren TÜV. Als ich dann sagte was ich tatsächlich bezahlt hätte verstand sie, weshalb ich einfach nur dasaß und innerlich "Reichsparteitag" feierte. Auf ähnlichem Weg fanden dann noch zwei V36 in meinen Bestand.
Durch meine Arbeit war ich in den kommenden Jahren einfach zu eingespannt, um irgendwelchen Anlagenbau zu betreiben. Zudem zogen meine Frau und ich erst zusammen und dann um. Seit 1988 befand ich mich bereits im Dunstkreis des Fremo, wo ich 1993 den Selbstbau von Weichen lernte, und nahm an mehreren Treffen in der Region teil. Auf der Jahreshauptversammlung in Nienburg 1996 trat ich dann dem Verein bei. Dann kam meine Tochter zur Welt. Der nächste Umzug war fällig. An Platz für eine Anlage war/ist noch immer nicht zu denken. Also blieben viele Gedanken ungebaut. Im Sommer 1999 kaufte ich mir dann ein Lenz Compact für erste Versuche in der digitalen Welt, der im Sommer 2000 eine Lenz LZ100, ein LV101, ein LH100 wie auch ein LH200 folgte. Das Equipment ist nach über dreizehn Jahren und zwei Updates immer noch auf dem aktellen Stand der Technik. An Langlebigkeit sind die Geräte von Lenz eigentlich nicht zu überbieten. Zwischendurch war die Speicherbatterie leer, weshalb die Zentrale ein bisschen unter Amnesie litt. Batterie von Lenz bestellt und selbst eingelötet, schon war der gewohnte Komfort wiederhergestellt. Ende 2000 wurde ich zu allem Unglück auch noch berufsunfähig. Hurra, endlich Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens!!! Erstmal Seminar zur Berufsfindung gemacht und vom Amtsarzt untersuchen lassen. Dann den Eignungstest für den neuen Beruf abgelegt. Arbeitsamt wollte die Umschulung nicht bezahlen, also ging es vor Gericht. In dieser Zeit bekam ich Kontakt zu einem Verein, der H0e-Weichen benötigte. Ich nahm den Auftrag an und baute seitdem etwa 250 - 300 Weichen in H0e, H0m und H0. Im Herbst 2001 entdeckte ich meine Liebe für Rangierspiele. Mein H0e-Timesaver schaffte es zuerst auf die Website der Modellbahnfrokler und dann noch über den großen Teich bei Carl Arendt's carendt.us, jetzt carendt.com. Nach meiner Umschulung begann ich mich aufgrund von Arbeitslosigkeit immer stärker mit der Digitaltechnik zu befassen. Meine erste Soundlok entstand 2004. Der Baubericht (Roco BR215) ist hier veröffentlicht. Im Sommer 2006 musste ich im Rahmen einer Maßnahme der "Agentur für Einkommen" (Arbeit haben die dort nicht, aber zahlen tun sie pünktlich) diverse Praktika absolvieren. Als umgeschulter Kaufmann sollte ich bei Lidl Urlaubsvertretung machen. So der Plan des Maßnahmeträgers. Ich hatte einen besseren und rief einen Kumpel an, der als Dienstleister im Anlagenbau selbständig ist. In zweimal drei Wochen Praktikum ließ sich auf einigen Außenterminen ein paar Teuronen verdienen und ein neues Rangierspiel bauen. In dieser Zeit entstand mein Inglenook, den ich hier auch noch vorstellen werde. Ab Herbst 2006 war ich Praktikant in einem Fachgeschäft für Modellbahnen. Anfang 2007 wurde ich dort stellvertretender Geschäftsführer. Gleichzeitig führte ich die Werkstatt in Eigenregie. Ende Januar 2008 verkauften wir den Laden an einen Konkurrenten, der aber auf meine Mitarbeit verzichten wollte. Also stand ich wieder auf der Straße. Zum Glück durfte ich aber das Werkzeug mitnehmen. Das versetzt mich in die Lage, Aufträge viefältiger Natur zu übernehmen. Werbung darf ich dafür nicht machen, weil mir sonst das JC gewerbliche Tätigkeit unterstellt.
Momentan ist ein eigener Roco VT11.5 in der Mache, der als Muster für einen Kunden dient, der seinen VT11.5 umgebaut haben möchte. Den Auftrag bekomme ich aber erst, wenn mein Triebwagen fertig ist. Der Baubericht wird in Etappen hier veröffentlicht. Momentan arbeite ich neben dem Umbau an der Fotostrecke zu diesem. Nur soviel gesagt: Der Umbau ist nichts für schwache Nerven. Die Kabelführung verursacht die meisten Kopfschmerzen, wenn man fast alles steckbar halten will.
Gleichzeitig entstehen zwei Anlagenplanungen, bei denen wieder einige technische Innovationen auf ihre Verwirklichung hoffen können. Ein Entwurf beschäftigt sich mit Neuenzwänge von Tom Tofte. Der andere ist ein Phantom namens "Leinhausen West". Atlanta kennt bereits den Rohentwurf, den ich im alten H0-Zweileiterforum vorstellte bzw. grob umriss. Beiden Entwürfen liegt eine ausgeklügelte Logistik zugrunde. Als letzte Schandtat muss ich mir noch ein spezielles Werkzeug bauen, um meine Radsatzaufpressvorrichtung für Loks mit Kuppelstangen tauglich zu machen.
Lieben Gruß
HF110c
Ich muss wohl kaputt sein. Nie funktioniere ich so, wie andere mich gerne hätten.