Rangierunfall zu Ostern vor langer Zeit




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Rangierunfall zu Ostern vor langer Zeit

Beitragvon Atlanta » Di 14. Apr 2015, 18:52

Liebe Forenkollegen,

vor langer, langer Zeit gab es im Bahnhof Ahrensburg einen Rangierunfall.
Wie es dazu gekommen ist, ist rasch erklärt, eine Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände bei Außerachtlassung von Dienstanweisungen zu einem sicheren Bahnbetrieb. :zwnk:

Was man wissen sollte, um den atsachen Bericht zu verstehen?

Die Bahnhöfe Ahrensburg und Bargteheide liegen beide an der zweigleisigen Hauptstrecke Hamburg - Lübeck.
Bargteheide liegt etwa bei Km 35 ab Lübeck und Ahrensburg etwa bei Km 42 ab Lübeck. Gleis 1 ist in beiden Bahnhöfen das rechte Fahrgleis in Richtung Hamburg.

Bargteheide hatte 4 Gleise, Gleis 1 ist der Hausbahnsteig mit Außenbahnsteig, ein Inselbahnsteig befindet sich zwischen Gleis 2 und Gleis 3 mit einem Niveaugleichen Übergang, abgesichert durch eine Bahnsteigschranke vor dem Stellwerksraum im Bahnhofsgebäude, Gleis 4 war Ladestraßengleis.
In Richtung Lübeck kommend, in den Gleisen 2 bis 4 einfahren zu lassen, Ausfahrten hingegen sind nur über Gleis 2 und 3 möglich und über Gleis 2 in Richtung Lübeck. Fahrten auf dem linken Gleis sind nur per Befehlsfahrt zulässig, da es auf Gleis 1 in Richtung Lübeck keine signaltechnische Absicherungen, bis Bad Oldesloe, gibt. In Richtung Hamburg sind Ausfahrten aus den Gleisen 2 bis 4 möglich und weiter in Richtung Ahrensburg über beide parallelen Gleise, falls der Bedarf besteht, das Gegengleis 2 in Richtung Ahrensburg nutzen zu müssen.

Parallelfahrten sind zwischen Bargteheide und Ahrensburg und zwischen Ahrensburg und Hamburg - Rahlstedt möglich.

Ahrensburg hat das Bahnhofsgebäude, wie in Bargteheide auch, rechts vom Gleis 1 in Richtung Hamburg stehen, verfügt aber im Gegensatz zu Bargteheide über vier Bahnsteiggleise mit zwei Inselbahnsteigen, sowie ehemals zwei seperaten aber parallelen Gütergleisen wobei aber direkte Ein- und Ausfahrten nur über Gleis 5 möglich waren und Gleis 6 das Ladestraßengleis war.
In Ahrensburg befand sich rechts von Gleis 1 in Fahrtrichtung Hamburg ein kleines BW mit größerem Parallelgleislokschuppen, sowie Behandlungsanlagen für Lokomotiven, eine Kleinbekohlungsanlage und ein Wasserturm.

In beiden Orten, also in Ahrensburg und Bargteheide gab es auch einen Güterschuppen vor dem Bahnhofsgebäude, wo von Gleis 1 ein Stumpfgleis abzweigt, entlang einer Seitenrampe dann zum Güterschuppen geführt und mit einem Sandkastenprellbock vor dem Bahnhofsgebäude endete, in Ahrensburg direkt vor dem Bahnhofsrestaurant. Ahrensburg hatte früher auch seinen Stellwerksraum im Bahnhohfsgebäude am ehemaligen Außenbahnsteig von Gleis 1. Im Gegensatz zu Bargteheide konnte die Weiche für das Seitenrampen- und Güterschuppengleis, vom Stellwerksraum fernbedient werden, wegen der Kurvenlage des Einfahrgleises (langer Rechtsbogen in Fahrtrichtung Hamburg), konnte die Weiche nicht eingesehen werden.
Wegen der häufig dort stattfindenden Rangierfahrten, gab es am Güterschuppengleis keine Gleissperre, allerdings war es auch ein ungesichertes Stumpfgleis. Der Stellhebel hatte eine Markierung, damit die Weiche nicht aus versehen gestellt wurde. :mx13:

Betriebssituation am Gründonnerstag vor Ostern:
Im Bargteheider Bahnhof wurde Güterwagen zugestellt und die Rangiermannschaft sollte wieder zurück nach Ahrensburg fahren allerdings noch den Güterwagen vom Güterschuppen mitnehmen.
Dies bedeutete über Gleis 1 in Richtung Bad Oldesloe bis zur Handweiche vorzuziehen, die den Weichenschlüssel vom Stellwerk zu empfangen, dann die Gleisperre öffnen, den Waggon rückwärts ausziehen, die Gleissperre sichern, dann die Weiche zurückstellen und abschließen und den Sweichenschlüssel im Stellwerk abgeben.

Soweit so gut,...allerdings befindet sich der Güterwagen noch in Fahrtrichtung Hamburg, was bei Streckenfahrten nach Ahrensburg nicht zulässig ist, dem Waggon zu schieben, weil der Lokführer wegen des kurvigen Einfahrgleies in Ahrensburg keine Fernsicht auf die Signale hat und der Güterwagen ihm die Sicht stark einengt.

Ein Lokumlauf hält nur unnötig auf, der wiederum darf in Bargteheide nur in Gleis 3 mit Umlauf über Gleis 2 gemacht werden, was weitere Verzögerungen beudeutet.

In Ahrensburg kommt man dann bis vor dem Stellwerksraum, muß dann dort erneut einen Umlauf machen, dann mit dem Güterwagen auf Gleis 1 bis zur Weiche zum Güterschuppengleis zurückziehen, Pfeiffsignal geben und warten bis die Weiche zum Güterschuppen gestellt wurde, den Waggon dort abstellen, die Lok nach Gleis 1 umsetzen erneut ein Pfeiffsignal geben und die Lok in BW fahren und dort abstellen...egentlich. :mx16:

Die Rangiermannschaft wollte aber schnell ins Osterwochenende und der eigentliche Dienstschluß war ja auch schon fast erreicht, also wurde der Güterwagen, verbotenerweise nach Ahrensburg geschoben, mit dem Rangierer wurde ausgemacht, er sollte sich auf das vordere Trittbrett stellen und dem Lokführer durch Winken signalisieren wenn irgendwelche Signale Hp0 zeigen sollten.

:conduCtor:

Gesagt getan, fuhr also nun so los, schließlich ging man davon aus, mit dem güterwagen voran bis zum Stellwerksraum in Ahrensburg zu fahen, dann zur Weiche zurückzuziehen den Güterwagen abzustellen und die Lok noch in BW zu bringen.

Der Ahrensburger Fahrdienstleiter war aber mit der Lokleitung übereingekommen, daß die Rangierlok vor dem Güterwagen verbleibt und erst nach Ostern aus dem Güterschuppengleis herausrangiert werden darf, damit die Jungs der Rangiermannschaft, schnell Dienstschluß machen können.
Damit sie aber noch schneller Dienstschluß machen können, stellte der Fahrdienstleiter von Ahrensburg das Einfahrsignal auf Hp2 und auch die Weiche zum Güterschuppengleis.

:sig:

Es kam was kommen mußte!
Der Lokführer war in der Sicht behindert, die stark wuchernde Seitenbotanik und die Kurvenlage, sowie der geschobene Güterwagen, ließen keine fernsicht auf das Hp2 zeigende Signal zu, der Rangierer fing an wie wild mit dem arm zu winken. Ratlosigkeit auf der Lok :mx13: man fuhr mit Streckengeschwindigkeit.
Als plötzlich der Rangierer, ins Gebüsch nach rechts, absprang und irgendetwas wie "Bremsen" brüllte, gab es noch mehr Ratlosigkeit auf der Lok. :mx13:

Als plötzlich der Güterwagen nach rechts schwenkte, war der Lokführer geschockt und vergewisserte sich mit einem Blick aus dem Fenster, was eigentlich los war, als dann noch der Güterschuppen recht schnell ins Blickfeld kam und vorbeizog, riß er den Bremshebel voll durch, allerdings zu spät und der Zugverband durchschlug den Sandkastenprellbock und donnerte ins Bahnhofsgebäude.

Der Güterwagen wurde außerplanmäßig in der Bahnhofshalle abgestellt, die Rangierlok in der Bahnhofsgaststätte. :frech: :wAll1:


:gewittersmily: Frohe Ostern! :gewittersmily:
Schönen Gruß,
Ingo
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