Weichen in der Länderbahnzeit




Eisenbahnthemen von 1828 bis 1919 der Epoche I
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Weichen in der Länderbahnzeit

Beitragvon Atlanta » Mo 23. Dez 2019, 16:11

Moin Kollegen,

ein Thema, was mir bei Planungen ziemliches Kopfzerbrechen bereitet sind die verwendeten Weichen einzelner Bahngesellschaften in der Länderbahnzeit.

Laut wurde eine Vereinheitlichung der Weichenbauarten erst ab 1931 erzielt und in der Länderbahnzeit "friemelten" viele Bahngesellschaften an eigenen Weichenbauarten herum.

In dem Buch "Der Eisenbahnbau" der Ingenieurswissenschaften von 1892 interessierte man sich seitens der LBE - Lübeck Büchener Eisenbahn sehr für "aufschneidbare" Schleppweichen, wie sie auf der Bahnstrecke Berlin - Dresden verbaut waren.

Des weiteren nimmt der Bereich Weichen in diesem Buch seitenweise Abhandlungen über alle möglichen Weichenbauformen und Weichenarten ein und deren praktischen Vorzüge im Vergleich.

Aus Quellen von DB Lehrmaterialien der DB wird als Einleitung nur ein kurzer Satz erwähnt, daß es wohl vermehrt zu Schienenbrüchen bei spitzbefahrenen Zungenweichen auf abzweigenden Ast gegeben haben soll, was in der Zeit von 1878 bis etwa 1898 viele Bahngesellschaften dazu bewog, die veralteten aber robusteren Schleppweichen wieder zu verwenden, bis das Problem behoben war. Leider fehlen hier nachprüfbare Angaben bei welchen Bahngesellschaften diese Schienenbrüche vorkamen.

Anscheinend machten wohl Geschwindigkeiten von mehr als 10 Km/h und die in jener Zeit stetig ansteigenden Fahrzeuggewichte entsprechende Probleme, beim verlegten Gleismaterial jener Zeit.

Das hilft mir aber auch nicht weiter, ob ich nun mit Zungen- oder Schleppweichen die Gleisplanungen durchführen soll?

Einige Bahnhöfe verwendeten das britische Saxby & Farmer Kaskaden Stellwerksystem für Weichen und Signale, so auch der alte Kölner Bahnhof.

Das Saxby & Farmer System wurde 1857 patentiert und ab mitte der 1860er Jahre auch aufs europäische Festland verkauft und von vielen Städten, in deren Bahnhöfen, zur Anwendung gebracht. Es existiert eine digitalisierte Version des Saxby & Farmer Katalogs von 1878, da wird aber die Verwendung von verschließbaren Zungenweichen angegeben.

Leider fehlen auch hierbei Listen, in welchen Städte und Gemeinden dieses Stellwerkssystem Anwendung fand.

In der Geschichte der Stell- und Sicherungstechnik wird auf das gebräuchlichere Jüdel System aber auch Siemens & Halske, AEG und andere Stellwerksysteme verwiesen die um 1890 oder später das Saxby & Farmer System teilweise oder ganz ablösten.

Das beantwortet aber immer noch nicht die Frage, welche Weichenart oder welche Weichenbauart vorrangig genutzt wurde?

Auch Schleppweichen lassen sich von der Ferne stellen und mit Schubstangen im Stellwerk verriegeln. Bei ortsgestellten Schleppweichen gab es Anfangs ein Verriegelungsproblem, das im Laufe der Zeit aber auch gelöst werden konnte.

Dennoch bleibt die Frage weiterhin offen, welche Bahngesellschaft wegen der Schienenbrüche wieder Schleppweichen verwendeten und wie lange und vor Allem wo?

Schleppweichen sind die früheste Bauform von Weichen und waren in der Anfangszeit der Eisenbahnen ziemlich populär, so auch bei der bayerischen Ludwigsbahn 1835 zwischen Nürnberg und Fürth.

BildSchleppweichen gelten als zungenlose Weichen, wo ein Schleppgleis in die Position der abzweigenden Stränge verschoben wird.

Der Nachteil: --> wird die Weiche stumpf aus einer Richtung befahren, in die sie nicht gestellt ist, führt das unweigerlich zur Entgleisung der Schienenfahrzeuge.

Es gibt zwar mögliche, aufschneidbare Schleppweichen, diese waren aber sehr kompliziert und schon damals sehr teuer.

In späteren Jahren kamen aber auch Zungenweichen zum Einsatz, laut dem Wikipedia Artikel ab 1852 (siehe Link weiter oben).

Bedenkt man nun, daß andere Bahnen ihre Gründung um 1850 und später hatten, wie die Lübeck Büchener Eisenbahn, Eröffnung der ersten Bahnstrecke 1853 nach Büchen, so erscheint die Verwendung von Zungenweichen eher fragwürdig?
Es kann wohl eher davon ausgegangen werden, daß man anfänglich auch Schleppweichen einsetzte.

Die Hamburger Bahn wurde ab 1864 gebaut und 1865 eröffnet eine Zeit, in der Zungenweichen noch nicht so oft verwendet wurden.
Der zweigleisige Ausbau erfolgte von 1873 bis 1875 aber ob damals schon vermehrt Zungenweichen zum Einsatz kamen ist die große Frage, vermutlich ja?

War nun aber auch die LBE von den Schienenbrüchen von spitzbefahrenen Weichen betroffen und wie lösten sie das Problem, sofern es denn bestand?

Ersatzteillisten beantworten meistens Fragen von Sachverhalten, die anderswo selten bis überhaupt nicht erwähnt sind.

Verschleißteile von Weichen und Erstzteile von Fahrzeugen zur Instandsetzung nach Entgleisungen könnten dazu beitragen wie häufig Reperaturen durchgeführt wurden?

Ich muß dahingehend noch Magazin- und Inventarlisten überprüfen, sofern diese noch irgendwo existieren?

Zum Glück meinerseits bin ich der alten deutschen Schreibschrift noch mächtig, diese selber zu schreiben und lesen zu können.

Vieleicht weiß ja jemand von euch etwas zu diesen Themen beizutragen?
Schönen Gruß,
Ingo
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G.W.&.A.R.R. in H0 US Süd- und Pfirsichstaat Georgia 1928
L.T.E. – Lübeck Travemünder Eisenbahn Epoche I + II in H0/H0e
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