Ermittlung des Waggonbedarfs für einen Industriebetrieb




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Ermittlung des Waggonbedarfs für einen Industriebetrieb

Beitragvon Atlanta » Mo 30. Sep 2013, 16:19

Liebe Forenkollegen,

lassen wir mal die kaufmännischen oder logistischen Gesichtspunkte zur Ermittlung des Waggonbedarfs eines Industriebetriebs etwas außer Acht und vereinfachen das Ganze etwas, so daß der modellbahnerische Laie das auch versteht.

Situation:

Wir möchten einen Industriebetrieb auf der Modellbahnanlage plazieren, zu dem Güter hintransportiert werden und nach der Verarbeitung wieder abtransportiert werden, natürlich mit der Eisenbahn.

Als erstes sollten wir uns erst einmal Gedanken machen, was für ein Industriebetrieb das sein soll.

Nehmen wir als Beispiel mal eine kleine Meierei (Molkerei), die es so in fast jedem etwas größeren Ort gegeben hat, jedoch nicht alle Meiereien hatten auch Rampen zur Direktbeladung von Güterwagen.

In unserem Fall, haben wir eine Meierei, die schon etwas größer ist. Sie wird versorgt von umliegenden Gemeinden der näheren Umgebung.
Ein Großteil der Milchkannen wird mit dem Pendler Personenzug im Gepäckwagen transportiert. Dies bedeutet, daß der Gepäckwagen über ein recht großes Gepäckabteil verfügen muß, um leere Milchkannen gegen volle Kannen auf den einzelnen Bahnhöfen zu tauschen. Denkbar wäre auch ein Begleitgüterwagen, um keinen größeren Gepäckwagen einsetzen zu müssen.

Gehen wir mal von zwei Pendlerzügen am Morgen aus, die von beiden Richtungen der Bahnstrecke, sich in unserem Bahnhof begegnen und je einen Begleitgüterwagen mitführen.

Somit haben wir pro Tag zwei Güterwagen Rohmilch, die vom Bahnhof in die Meierei transportiert werden muß. Das kann entweder per Rangierfahrt geschehen oder mit einem Fuhrwerk oder LKW.

Nehmen wir weiter an, daß die zwei Regionalgüterzüge insgesamt vier weitere Waggons mit Rohmilch anliefern, die von der Schnellzugstation oder aus der Kreisstadt kommen.

Somit haben wir insgesamt ein Waggonaufkommen von sechs Güterwagen am Tag, die uns volle Kannen anliefern. Mindestens die selbe Anzahl der Güterwagen muß mit leeren Kannen zur Anholung bereitstehen. Somit haben wir schon mal 12 Waggons zum Kannentransport pro Tag.

Unsere Meierei braucht aber für die Wärmegewinnung Kohle zum Heizen der stationären Dampfmaschine, deren Leistung wir auf 1500 PS schätzen was etwa 1,5 t bis 2 t Kohle pro Stunde ausmacht, die verfeuert werden muß. Bei 16 Stunden Arbeit wären dann 32 t und für die 8 Nachtstunden je 1 t Kohle pro Stunde also insgesamt 8 t notwendig, was zusammen 40 t Kohle am Tag ergibt. Schlacke und Asche wird auf ein Drittel der verfeuerten Kohle berechnet was dann etwa 15 t ergibt.

40 t Kohle werden mit zwei Waggons zu je 20 t abgewickelt die leer zur Abholung bereitstehen. Für die Schlacke müß 1 Waggon am Tag bereitstehen, der aber erst nach kompletter Befüllung verschickt wird. Somit müssen die Kohle Waggons und die Schlacke Waggons am Bahnhof auf dem Abstellgleis zur Verfügung stehen, die dann je nach Bedarf zum Industrieanschluß mit einer Kleinlok einrangiert werden. 14 Kohlewaggons und 6 Schlackewaggons müssen pro Woche im Bahnhof bereitstehen.

Daraus ergeben sich folgende zwingend notwendige Resultate. Der Bahnhof muß über genügend Stellflächen für 50 Waggons verfügen, nämlich dann, wenn der Kohlezug mit den leeren Schlackewagen angeliefert wird und die leeren Kohlewagen mit den vollen Schlackewaggons abgeholt werden. Für den Regionalgüterzug müssen auch Rangiermöglichkeiten bestehen, die täglich anzuliefernden und abzuholenden Waggons rangieren zu können, ebenso die Personenzüge, sollten die Begleitgüterwagen ausrangiert und leere einrangiert werden. Die Größe des Bahnhofs wird jetzt erstmal auf 5 bis 6 parallele Gleise geschätzt. Zwei davon mit Bahnsteigen.

Natürlich produziert unsere Meierei auch Güter, in unserem Fall ist das Butter und Molke als Abfallstoff. Für Butter nehmen wir an, 1 Waggon alle zwei bis drei Tage, für andere Milchprodukte wie Käse oder Yoghurt einen weiteren Waggon alle 2 bis 3 Tage. Macht an Kühlwagen einen wöchentlichen Austoß von 4 Waggons, die natürlich auch leer zur Verfügung stehen müssen, also vom Regionalgüterzug übernommen werden bzw. bereitgestellt werden.

Für Werkzeuge, Betriebsmittel wie Öle und Ersatzteile benötigen wir einen Waggon pro Monat.

Molke fällt als Abfallstoff täglich an und zwar angenommen mit 1,5 Kesselwaggons pro Tag, die aber wöchentlich abgeholt bzw. bereitgestellt werden, was 6 Kesselwaggons anbetrifft.

Fassen wir zusammen was pro Woche auf uns zukommt:
14 Kohlewagen
6 Schlackewagen
4 Kühlwagen
6 Kesselwagen
1/4 Waggon Ersatzteile

Die Rohmilchwaggons des täglichen Bedarfs fallen zusätzlich an, finden aber in der Wochenaufstellung keine Berücksichtigung.
Im Güterbahnhof müssen diese 6 Waggons aber zur Abholung bereitstehen.

Unser Beispiel zeigt nur eine einfache Betrachtungsweise, wer nun aber eine Anlage plant, sollte sich im Vorfeld solche Industriebetriebsplanungen durch den Kopf gehen lassen, denn daraud ergibt sich auch zwangsläufig die Größe des Bahnhofs, von wo aus, die Meierei bedient wird.

In der Berechnung der Verbrauchsgüter und täglichen Güter wird von einer sechstägigen Arbeitswoche mit 16 Stunden im Zweischichtsystem ausgegangen, lediglich im Kesselhaus wird auch Nachts gearbeitet, sowie am Sonntag und der Kohlebedarf pro Stunde Ruhezeit der Dampfmaschine wird mit 1 t Kohle angenommen.

Gehen wir von einem Zweischichtbetrieb aus fallen mehr Pendler an, Bürokräfte arbeiten nur eine Mittelschicht. was dann mindestens 6 Pendlerzüge ausmacht, zzgl. zwei Regionalgüterzüge am Tag und zwei weitere Versorgungsgüterzüge in der Woche.

Nehmen wir an, daß Eilzüge nicht halten und durchfahren so kommen zusätzliche Zugbewegungen zustande, die unsere Bahnstrecke verkraften muß.

Wie man sieht, kann man schon mit nur einem Industriebetrieb und bei geeigneter Planung recht viel schönen und interessanten Bahnbetrieb generieren.
An einer eingleisigen Bahnstrecke bedeutet das mehr Spaß.

Wenn unser Bahnhof über keinen Rangiertraktor oder über keine Rangierlok verfügt, müssen die Rangieraufgaben die Züge übernehmen, die die Waggons anliefern und abholen.

Für die Personenzüge würden sich GmP's oder PmG's bestens eignen.
Schönen Gruß,
Ingo
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